Gay beziehungsprobleme
Monogamie, offene Beziehung, Single-Leben — es gibt viele Lebensphasen schwuler Männer mit oftmals ganz unterschiedlicher Ausprägung. Und so, wie sich unser Sexualverhalten und unsere sexuellen Interessen mit den Jahren ändern oder auch gänzlich in eine andere neue Richtung entwickeln können, kann dies auch mit unseren Vorstellungen geschehen, die wir in puncto Beziehung haben.
Je nach Umfrage der letzten Jahren, träumen rund 90 Prozent der jungen Schwulen davon. In den allermeisten Fällen können unsere Erwartungen dabei allerdings schlussendlich nicht mit der Realität mithalten, es kommt zu heimlichen Affären, sexuellen Eskapaden, Eifersucht, Streit und dem Bruch oder möglicherweise dem Öffnen der Beziehung.
Manche Paare wollen von den sexuellen Abenteuern des Partners gar nichts wissen, andere reden ganz offen darüber, wieder andere haben nur Sex zu dritt, also gemeinsam mit einem fremden Mann. Doch was ist, wenn aus dem vermeintlichen One-Night-Stand mit einem dritten Mann mehr wird?
Ist die eigentliche Beziehung dann zum Scheitern verurteilt? Nicht zwingend, denn wie wäre es mit einer Beziehung zu dritt? Aber geht das überhaupt? Und vor allem, geht das überhaupt gut? Und wie kann so etwas ganz praktisch tatsächlich umgesetzt werden? Der Fachbegriff für eine Liebesbeziehung mit mehr als zwei Partnern nennt sich Polyamorie, wobei die Trennlinie ganz klar beim Sex liegt.
Polyamore Beziehungen kennzeichnen sich dadurch aus, dass alle Partner sich lieben und nicht nur Sex miteinander haben. Alle Beteiligten wissen dabei von der Mehrfach-Liebe und sind auch damit einverstanden. Geheime Affären haben also mit Polyamorie nichts zu tun.
Eine Schweizer Studie aus dem Jahr kam zu dem Schluss, dass rund drei Prozent aller Beziehungen polyamore sind, andere Schätzungen sprechen von rund Konkrete Zahlen sind auch deswegen schwierig, weil viele dieser Dreier-Paare bis heute ihre Beziehungsform heimlich ausleben, um nicht stigmatisiert oder ausgegrenzt zu werden.
Hinzu kommt, dass es auch in der breiten Gesellschaft noch viele Ressentiments gegenüber Polys gibt, deren Ursprünge oftmals auch mit einer christlichen Erziehung, übermittelten familiären Werten oder auch mit den festgesetzten Klischeebildern in unseren Köpfen zusammenhängen.
Auch die Kultur trägt dazu bei: Egal ob Hetero- oder Homo-Love-Story, gibt es ein Happy End, dann sieht das immerzu gleich aus: Die ewige Liebe in ewiger Zweisamkeit. Erstaunlich ist dabei weniger die Tatsache, dass diese moralischen Richtlinien bis heute so weit verbreitet sind, sondern vielmehr, dass auch viele schwule Männer sie sich bis heute zu eigen machen, obgleich sie allein aufgrund ihres Coming-Outs eine andere sexuelle Sozialisierung durchgemacht haben und während dieser Bewusstseinswerdung eigentlich automatisch altbackene Moralvorstellungen im Bereich Sexualität hinterfragen mussten.
Wischen wir gedanklich einmal die moralischen Grenzen zur Seite, dann müssten wir uns doch darüber freuen, wenn es schlicht mehr Liebe gibt? Vielleicht tragen zu diesen Klischeebildern in unseren Köpfen auch popkulturelle Serien, Filme, Bücher und Social-Media-Influencer mit bei, die allesamt die ewige monogame Liebe beschwören.
Durch die Bank zelebrieren auch praktisch alle schwulen Influencer dieses Bild — alles andere würden ihnen viele Fans wohl auch zumeist übelnehmen. Es scheint ganz so, dass zwar die Sichtbarkeit von schwulem Leben medial in den letzten Jahren zugenommen hat, damit einhergehend aber auch eine Hinwendung, ja, bisweilen ein regelrechtes Zelebrieren der partnerschaftlichen Zweisamkeit als höchstes und einzig erstrebenswertes Ideal.
Ist das vielleicht bereits eine neue Form von Prüderie?
Gay beziehungsprobleme: ursachen, lösungen und hilfsangebote.
Wischen wir gedanklich einmal die moralischen Grenzen zur Seite, dann müssten wir uns doch eigentlich darüber freuen, wenn es schlicht mehr Liebe gibt? Wenn drei Menschen sich mit all ihren Unterschiedlichkeiten und Facetten wirklich lieben können, frei von Eifersucht oder Missgunst, sollte uns das doch glücklich machen.
Oder spielt bei einigen Kritikern aus der Community die mit Neid unterfütterte Tatsache mit hinein, dass sie sich bereits schwer damit tun, einen festen Partner zu finden? Das andere Schwule das Glück haben, gleich zwei Menschen zu finden, die sie lieben, mag da vielleicht wie reinster Überfluss wirken.
Wie in allen Partnerschaften gleicht auch unter Polys dabei nicht jede Beziehung der anderen. In manchen Konstellationen gibt es eine Art von Rangordnung, die meisten Dreier-Verbindungen verstehen sich allerdings als gleichwertig, keiner wird bevorzugt. Kommt man mit Polys indes ins Gespräch, werden immer wieder Begriffe wie Offenheit, Leidenschaft, Solidarität, Ehrlichkeit und Emotionalität laut, die ihnen besonders wichtig sind.
Doch schon am ersten Abend nachts in der Küche der beiden Jungs merkte ich, verdammt, da ist ein Wirbelwind an Gefühlen in meinem Bauch.